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Nach einem Jahr mit vielen deutschen Stars sind die deutschen Beiträge beim diesjährigen Filmfestival in Cannes etwas diskreter: Die deutsche Schauspielerin Diane Kruger spielt in einem kanadisch-französischen Film mit, Franz Rogowski in einem britischen Film. Insgesamt sind in diesem Jahr 14 deutsche Koproduktionen in Cannes zu sehen, davon drei im Wettbewerb um die Goldene Palme.
Simone Baumann, Chefin von German Films, zuständig für die Vermarktung deutscher Filme im Ausland, sieht darin auch ein Symptom eines überholten Systems der Filmförderung in Deutschland. "Deutsche Filmemacher müssen ihre Finanzierung oft mühsam zusammenkratzen", sagte sie der Nachrichtenagentur AFP am Donnerstag in Cannes. Dies führe dazu, dass deutsche Regisseure oft lange Pausen zwischen ihren Filmen machten.
Die bisherige Struktur beeinflusse außerdem die Machart der Filme: Wenn ein TV-Sender zu den Förderern zähle, werde der Film eher fernsehfreundlich. Wenn eine Region Geld in einen Film stecke, dann müsse dieser auch dort gedreht werden.
Dies werde sich mit dem für Januar erwarteten neuen Filmförderungsgesetz hoffentlich ändern, sagte Baumann. Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Gesetz sehe unter anderem mehr Geld für die Entwicklung von Drehbüchern vor, aber auch effizientere Entscheidungen über Förderanträge. Ein Filmemacher, der bereits Erfolg gehabt habe, könne seinen nächsten Antrag schneller bewilligt bekommen.
"Wichtig ist auch das geplante Steueranreizmodell, wie es zahlreiche andere Länder haben", betonte Baumann. Dies könne auch mehr ausländische Produktionen nach Deutschland locken. "Im Moment hat Deutschland die rote Laterne", sagte Baumann.
Die andauernden Verhandlungen über die Zukunft der deutschen Filmförderung hätten auch dazu geführt, dass manche Filmemacher ihre Vorhaben im Ausland umsetzten. "Auch unser Oscar-Film 'Im Westen nichts Neues' ist in Tschechien gedreht worden", bedauerte Baumann. Deutschland sei als Filmland "nicht attraktiv genug".
Grundsätzlich seien deutsche Filme beim Festival von Cannes eher selten. "Der letzte deutsche Film im Wettbewerb war 'Toni Erdmann' von Maren Ade 2016", sagte sie. Der Film "Perfect Days", mit dem der deutsche Regisseur Wim Wenders im vergangenen Jahr für die Goldene Palme angetreten war, war eine deutsch-japanische Koproduktion.
Die eher geringe deutsche Präsenz in Cannes habe allerdings auch damit zu tun, dass die Berlinale im Februar für deutsche Filmemacher interessanter sei. "Cannes setzt außerdem stärker auf Autorenkino, da haben wir nicht so viele Filme, die da rein passen", sagte Baumann.
Zu den diesjährigen Wettbewerbsfilmen mit deutscher Beteiligung zählt etwa "Motel Destino" des Brasilianers Karim Aïnouz, eine Liebesgeschichte zwischen einem Mann am Rande der Gesellschaft und einer unterdrückten Frau. "Grand Tour" spielt Anfang des 20. Jahrhunderts in Asien: Eine Verlobte reist ihrem Zukünftigen her, der kurz vor der Hochzeit das Weite gesucht hat.
Die deutsch-französische Koproduktion "The Seed of the Sacred Fig" ("Der Samen der heiligen Feige") hat schon vor dem Festival für Aufsehen gesorgt. Der nach kritischen Äußerungen in seiner Heimat zu einer Haftstrafe verurteilte iranische Filmemacher Mohammad Rasoulof ist kurz vor dem Festival nach Europa geflohen. Die Festivalleitung hofft, dass er es bis zur Premiere seines Films nach Cannes schaffen wird.
F.Carrillo--TFWP