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Der fremdenfeindliche Brandanschlag von Solingen mit fünf Toten vor 30 Jahren hat auch die Familie des Grünen-Politikers Cem Özdemir tief verunsichert. Sein Vater habe damals immer überprüft, "ob der Feuerlöscher noch funktioniert", sagte der Bundeslandwirtschaftsminister der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Donnerstag. Seine Eltern hätten ihn zudem gemahnt, sich öffentlich zurückzuhalten, "damit ich nicht selber zur Zielscheibe werde".
Die Sorge sei groß gewesen, selbst Opfer eines rassistischen Angriffs zu werden. "Das waren Zustände, die man sich gar nicht vorstellen kann", sagte Özdemir.
In der Nacht vom 29. Mai 1993 hatten vier Rechtsextreme aus Solingen das Haus der türkischen Familie Genc in Brand gesetzt. Fünf Mitglieder der Familie starben. Zuvor waren bereits in Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen oder Mölln rassistische Angriffe verübt worden.
Die Situation für Menschen mit Migrationshintergrund habe sich mittlerweile in Deutschland gebessert, sagte der Grünen-Politiker. "Die Mehrheit der Migrantinnen und Migranten hat ein großes Zutrauen in den Rechtsstaat und weiß, dass die Mehrheit in diesem Land nichts mit Rechtsradikalismus am Hut hat."
Zugleich forderte Özdemir mehr Aufstiegschancen für Migrantenkinder. "Jedes Kind – egal aus welchem Land und aus welcher Herkunftsfamilie – sollte sein Potenzial maximal ausschöpfen können", sagte er der Zeitung. Die Gesellschaft müsse insgesamt durchlässiger werden. Es sei immer noch so, dass das Schicksal in der Schule durch das Elternhaus vorherbestimmt sei.
Das gelte nicht nur für Migrantenkinder, sondern auch für Arbeiterkinder ohne Migrationshintergrund. "Wenn deine Eltern keine Akademiker sind, ist die Wahrscheinlichkeit in Deutschland besonders hoch, dass du es auch nicht zur Akademikerin schaffst", sagte der Grünen-Politiker.
Am Montag findet in Solingen eine Gedenkveranstaltung für die Opfer des Brandanschlags statt, bei der auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine Rede halten will.
M.Delgado--TFWP