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Trotz Ukraine-Kriegs und Energiekrise ist die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal gewachsen: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte um 0,3 Prozent zum Vorquartal zu, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Freitag mitteilte. Die Wirtschaftsleistung wurde demnach vor allem von den privaten Konsumausgaben getragen.
Das Wachstum von Juli bis September reichte aus, um die deutsche Wirtschaft wieder über das Vorkrisenniveau zu hieven. Im Vergleich zum vierten Quartal 2019 - dem Quartal vor Beginn der Corona-Krise - lag das BIP laut Statistik 0,2 Prozent höher, wie die Statistiker mitteilten. Im Vergleich zum dritten Quartal 2021 lag das Plus bei 1,1 Prozent.
Das Quartalsplus von 0,3 Prozent in den Monaten von Juli bis September ist überraschend: Analysten hatten mit dem Schrumpfen des BIP gerechnet. "Absolut verblüffend", erklärte Analyst Jens-Oliver Niklasch von LBBW. "So viele Indikatoren zeigen, dass sich die Konjunktur seit Monaten deutlich verlangsamt, und jetzt sehen wir im dritten Quartal sogar eine Wachstumsbeschleunigung."
Wahrscheinlich hätten zwei Effekte - der Nachhall der Wiedereröffnungen nach Corona und das "Füllhorn" des sommerlichen Entlastungspakets - so stark gewirkt, dass die negativen Faktoren des Energiepreisanstiegs und des Ukraine-Kriegs überkompensiert worden seien, mutmaßte er.
Die Experten rechnen aber weiterhin im Winterhalbjahr mit einer Rezession - dass also die Wirtschaft mindestens zwei Quartale in Folge schrumpft. "Die Realeinkommensverluste der Haushalte im Winterhalbjahr werden das BIP stärker belasten", erläuterte etwa Peter Hohlfeld, Konjunkturexperte des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung.
Niklasch von LBBW erklärte, die Rezession dürfte zwar kommen, "aber womöglich wird sie nicht so gravierend wie zunächst befürchtet". Auch die Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib, nannte Gründe für eine nur "relativ flache Rezession": die geringere Wahrscheinlichkeit eines Gasmangels, gesunkene Gaspreise und die Entlastungspakete der Regierung.
Sie warnte aber: "So oder so wird sich diese Rezession für die meisten Menschen deutlich schwerer anfühlen, als es in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung verbucht wird." Die aktuelle Inflation werde stark von den Importpreisen getrieben, daher falle die Verbraucherpreisinflation wesentlich stärker aus als die Preissteigerung bei den im Inland hergestellten Gütern und Dienstleistungen. Das Statistikamt gibt am Nachmittag die Inflationsrate für Oktober bekannt.
Die Unternehmen dagegen seien "auch dank staatlicher Unterstützung gut vorbereitet", erklärte der Analyst Ulrich Kater von der DekaBank. Es würden kaum Arbeitsplätze verloren gehen, schätzt er.
Aufgrund der anhaltenden Corona-Krise und der Folgen des Kriegs in der Ukraine sind die Ergebnisse der Statistiker derzeit mit größeren Unsicherheiten als sonst üblich behaftet, wie sie erklärten. So korrigierten sie die Zunahme des BIP im zweiten Quartal leicht von 0,2 auf 0,1 Prozent herunter. Im ersten Quartal hatte die Wirtschaft noch um 0,8 Prozent zugelegt.
Im Nachbarland Frankreich behauptete sich die Wirtschaft im Sommer ebenfalls, das BIP legte laut dem französischen Statistikamt im dritten Quartal um 0,2 Prozent zu. Auch in Spanien wuchs das BIP von Juli bis September um 0,2 Prozent, wie das Statistikinstitut in Madrid mitteilte.
C.Rojas--TFWP