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Bakterien im Bauchspeck, genauer gesagt in der bayerischen Variante Wacholder-Wammerl, haben am Donnerstag den Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe beschäftigt. Was unterhaltsam klingt, war in Wirklichkeit ein ernstes Thema: die Insolvenz einer Großmetzgerei, nachdem in einem Produkt Listerien gefunden worden waren. Diese Bakterien können die Krankheit Listeriose auslösen, die vor allem bei vulnerablen Menschen einen schweren Verlauf nehmen kann. (Az. III ZR 24/23)
In einer Probe Wacholder-Wammerl der bayerischen Großmetzgerei Sieber waren im März 2016 Listerien gefunden worden. Das Robert-Koch-Institut brachte danach Sieber-Produkte in Zusammenhang mit früheren Krankheits- und Todesfällen, die durch diese Bakterien ausgelöst wurden.
Per Pressemitteilung warnte das bayerische Verbraucherschutzministerium im Mai 2016 vor dem Konsum von Sieber-Produkten, außerdem ordneten die Behörden einen Rückruf an und untersagten der Großmetzgerei vorübergehend die Produktion. Das überlebte die Firma nicht: Im September 2016 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
Der Insolvenzverwalter verklagte den Freistaat Bayern auf fast elf Millionen Euro. Seiner Auffassung nach hätten die Behörden nicht unterschiedslos vor allen Produkten von Sieber warnen dürfen. Im Fokus stehen in dem Rechtsstreit Fleischwaren, die in der Packung nachpasteurisiert werden. Durch dieses Verfahren werden Listerien abgetötet.
Die Klägerseite argumentiert, dass die Behörden sich vor ihrer Warnung darüber hätten informieren müssen, welche Produkte nachpasteurisiert wurden. Dass das schwierig sei, könne kein Argument sein, sagte ihr Anwalt vor dem BGH. Eine solche behördliche Warnung habe immerhin eine "existenzvernichtende Wirkung".
Der Anwalt des Freistaats hielt dagegen, dass die Metzgerei selbst auf die Nachpasteurisierung hätte hinweisen müssen. Ein solches Vorgehen müsse dokumentiert werden und könne darum auch innerhalb von kurzer Zeit nachgewiesen werden. Da die Gesundheit von Menschen in Gefahr gewesen sei, hätten die Behörden unter Zeitdruck gestanden.
Das Oberlandesgericht München hatte dem Insolvenzverwalter im Januar 2023 einen Anspruch von zwei Dritteln des Schadenersatzes zugesprochen. Es entschied, dass die Behörden grundsätzlich gegen Sieber vorgehen durften und mussten. Allerdings hätten sie ermitteln müssen, welche Produkte nachpasteurisiert wurden, und diese ungefährlichen Waren von der Warnung ausnehmen müssen.
Ob dieses Urteil Bestand haben kann, soll der BGH nun entscheiden. Der Vorsitzende Richter Ulrich Herrmann ließ in einer vorläufigen Einschätzung bereits durchblicken, dass er im Münchner Urteil noch offene Fragen sieht. Entschieden hat der BGH am Donnerstag aber noch nicht, eine Entscheidung sollte voraussichtlich in etwa zwei Wochen fallen.
P.Navarro--TFWP