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Allen Krisen zum Trotz legen die Steuereinnahmen in den nächsten Jahren voraussichtlich zu - doch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) warnt vor Begehrlichkeiten: Es gebe durch die jüngste Steuerschätzung keine neuen Spielräume, sagte er am Donnerstag bei der Präsentation der Zahlen. Aus der Ampel-Koalition kamen dennoch umgehend Forderungen, was mit dem verfügbaren Geld geschehen solle. Die Opposition verlangte weitere Entlastungsmaßnahmen.
Der Arbeitskreis Steuerschätzungen berechnete, dass Bund, Länder und Gemeinden bis 2026 mit gut 126 Milliarden Euro mehr rechnen können als im Mai vorausgesagt. Dabei ergibt sich für dieses Jahr ein kleines Minus von 1,7 Milliarden Euro; in den Folgejahren steigt das berechnete Steuerplus dann jeweils, bis es im Jahr 2026 bei 46,8 Milliarden Euro liegt.
Lindner betonte, "prinzipiell" sei tatsächlich von weiter steigenden Steuereinnahmen in den nächsten Jahren auszugehen. Jedoch seien "die noch in der parlamentarischen Beratung befindlichen, erheblichen Steuerrechtsänderungen" in der Schätzung nicht berücksichtigt. Diese geht immer von der geltenden Rechtslage aus. Insbesondere der Bund werde durch die geplanten Reformen Einnahmen einbüßen, sagte Lindner.
"Die Ergebnisse der Steuerschätzung sind ebenso wie die Erwartungen zur gesamtwirtschaftlichen Entwicklung dieses Mal von höchster Unsicherheit gekennzeichnet", fügte er hinzu. Der Minister verwies hier insbesondere auf die hohe Inflation und deren Folgen. Außerdem lebe Deutschland derzeit "geopolitisch in äußerst schwierigen Zeiten". Die Regierung rechne für 2023 mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent - und es könne "auch deutlich schlimmer kommen, mit entsprechend negativen Auswirkungen auf die Steuereinnahmen", warnte Lindner.
Er bekräftigte zugleich sein Vorhaben, bei der Einkommensteuer auf denjenigen Teil der Zusatzeinnahmen, der auf die derzeit sehr hohe Inflation zurückzuführen ist, zu verzichten. Dazu solle das bereits vorgelegte Inflationsausgleichsgesetz noch einmal nachgeschärft werden.
"Vermeintliche finanzielle Spielräume für neue Vorhaben bestehen deshalb nicht", fasste Lindner zusammen. "Die Mehreinnahmen aus den Schätzergebnissen sind durch die Entlastungen 2023 und 2024 mehr als aufgebraucht."
Aus der Ampel-Koalition kamen gleichwohl konkrete Forderungen. "Die Spielräume, die sich anhand der Steuerschätzung auf längere Sicht abzeichnen, wollen und werden wir zur Finanzierung der im Koalitionsvertrag verankerten Vorhaben nutzen", erklärte SPD-Fraktionsvize Achim Post. "Insbesondere die Kindergrundsicherung muss zeitnah in die finanzielle Planung mit einbezogen werden."
Der Grünen-Haushaltsexperte Sven-Christian Kindler erklärte, die Steuerschätzung sei "ein Appell für eine aktive Finanzpolitik". Es sei richtig, "jetzt die Bevölkerung und Wirtschaft angesichts der Rezession und der fossilen Inflation zu unterstützen und in die klimaneutrale Zukunft zu investieren".
Die Opposition mahnte weitere Entlastungsschritte an. "Die Ampel kann und muss schnellere und umfangreichere Krisenhilfe für Bürger und Unternehmen leisten als bisher geplant", erklärte Unions-Haushälter Christian Haase (CDU). "Probate Mittel wären entweder ein Vorziehen der Energiepreisbremsen auf Januar, zusätzliche Abschlagszahlungen oder das Gewähren einer Energiepreispauschale für das untere Einkommensdrittel für die Monate Januar und Februar." AfD-Fraktionschefin Alice Weidel verlangte "deutliche Senkungen der Mehrwertsteuer und der Energiesteuern".
Der Linke-Finanzpolitiker Christian Görke forderte Lindner auf, die Einnahmeseite zu verbessern. Nötig seien "eine Vermögensabgabe für Milliardäre und Multimillionäre". Zudem müsse "die Einkommensteuer für Dax-Manager und Fußballstars erhöht werden".
F.Garcia--TFWP