Goldpreis
-5.5000
Empörung bei SPD und Grünen, demonstrative Gelassenheit bei der FDP: Berichte, wonach die FDP über Wochen minutiös den Bruch der Ampel-Koalition vorbereitet haben soll, sorgen für Schlagzeilen. FDP-Chef Christian Lindner versteht allerdings die Aufregung nicht.
Am Freitagabend hatten "Zeit online" und die "Süddeutsche Zeitung" über eine Reihe von Treffen führender FDP-Vertreter berichtet, in denen seit Ende September akribisch der Bruch der Regierung vorbereitet worden sein soll. Bei "Zeit online" ist von einem "Drehbuch" die Rede. Beiden Medien zufolge wurde das Ausstiegsprojekt intern Projekt "D-Day" genannt. Ausgangspunkt soll dabei ein Treffen am 29. September in Potsdam gewesen sein.
"Verantwortung als Fremdwort, Bösartigkeit als Methode", schrieb Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) dazu im Online-Dienst X. Er sei "tief erschüttert über dieses Verhalten der FDP". Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nannte das Vorgehen "schäbig" und "eine unfassbare Enttäuschung". Es sei "auch menschlich ein Armutszeugnis". Sein Fazit: "Mit einer solchen Partei darf man nicht regieren."
"Die Wahrheit über den Bruch der Koalition tritt immer deutlicher zutage", sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich dem "Spiegel". "Wenn es stimmt, dass die FDP bereits im September ein Drehbuch dazu geschrieben hat, dann erscheinen Vorkommnisse im Nachhinein in einem neuen Licht. Ich fühle mich getäuscht und ich bin enttäuscht."
Auch von den Grünen kam Kritik: "Mein Fazit ist: Mit der FDP kann man aktuell nicht regieren", sagte die Ko-Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion, Katharina Dröge, RTL und ntv. Überrascht über die Berichte seien die Grünen nicht: Die FDP habe sich in den vergangenen Jahren immer wieder als "unehrlich und unzuverlässig" erwiesen. Es habe oft den Versuch gegeben, den Koalitionspartnern zu schaden.
Der neue Ko-Vorsitzende der Grünen, Felix Banaszak, nannte das FDP-Vorgehen "ein bisschen unwürdig". "Und die Frage, die man sich stellen muss ist, wollen wir regiert werden von Leuten, für die das alles nur ein Spiel ist", sagte er in den ARD-"Tagesthemen" am Samstagabend.
FDP-Chef Lindner zeigte sich überrascht: "Es ist Wahlkampf. Wo ist die Nachricht?", erklärte der frühere Bundesfinanzminister. Schließlich habe Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) selbst "eingeräumt, dass er bereits im Sommer über meine Entlassung nachgedacht hat". Mit Blick auf den Dauer-Streit in der Ampel-Koalition über den Kurs in der Wirtschafts- und Haushaltspolitik fügte Lindner hinzu: "Und selbstverständlich hätte die FDP ohne Wirtschaftswende die Koalition verlassen müssen. Deshalb hatte ich Olaf Scholz ja auch einen gemeinsamen, geordneten Weg zu Neuwahlen vorgeschlagen."
In die Offensive ging FDP-Parteivize Wolfgang Kubicki: Er warf der SPD vor, den Bruch der "Ampel" betrieben zu haben. "Seit Juli bereiten die Sozialdemokraten nach dem Drehbuch des Koalitionsbruchs 1982 das Ampel-Aus vor", sagte er der "Bild"-Zeitung. "Wenn 80 Prozent der Menschen das Ende der Koalition als Befreiung empfinden, ist es völlig egal, wer wie und warum das Ende der Kanzlerschaft Olaf Scholz herbeigeführt hat." Er habe "nur noch Mitleid mit einem gescheiterten Mann".
Der frühere FDP-Bundesinnenminister Gerhart Baum sagte aber dem "Spiegel", die Darstellung von Lindner als Opfer des Kanzlers sei nun brüchiger geworden. Er fühle sich "auch persönlich düpiert". Während er und seine Freunde "um die Glaubwürdigkeit unserer Partei" gekämpft hätten, hätten andere in der FDP nur aus der "Ampel" rausgewollt, "um sich selbst zu retten".
Die Ampel-Koalition war am 6. November zerbrochen. Lindner hatte in der Woche zuvor ein 18-seitiges Forderungspapier für eine "Wirtschaftswende" veröffentlicht, das SPD und Grüne als Affront bewerteten - laut "Zeit online" wurde es bei den Liberalen parteiintern "Torpedo" genannt. Kanzler Scholz entschied dann beim Koalitionsausschuss vergangene Woche, Lindner zu entlassen. Die Ampel-Koalition war damit Geschichte.
D.Ford--TFWP