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Eine Woche nach dem Bruch der Ampel-Koalition hat eine hochkarätig besetzte Debatte im Bundestag einen Vorgeschmack auf den bevorstehenden Wahlkampf geliefert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) beschwor in seiner Regierungserklärung am Mittwoch den sozialen Zusammenhalt und warnte vor Rentenkürzungen und "Verteilungskämpfen" für den Fall eines Regierungswechsels. Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) stellte eine "grundlegend andere Politik" in Bereichen wie Migration, Energie und Wirtschaft in Aussicht.
Bei der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar müssten die Bürgerinnen und Bürger eine Entscheidung darüber treffen, "ob wir unser Land zusammenhalten oder es gegeneinander spalten", sagte Scholz. "Ich will vermeiden, dass es zu Verteilungskämpfen jeder gegen jeden kommt." Die nötigen Ausgaben für Sicherheit und Verteidigung dürften nicht auf Kosten der sozial Schwachen finanziert werden.
Scholz warf Union und FDP vor, den Sozialstaat schwächen und die Landessicherheit gegen soziale Absicherung ausspielen zu wollen. Eine solche Entweder-oder-Haltung sei "ein Konjunkturprogramm für Populisten und Extremisten", warnte er. "Das schadet und zerreißt Deutschland."
Oppositionsführer Merz sprach den sozialpolitischen Beteuerungen des Bundeskanzlers die Glaubwürdigkeit ab. Scholz versuche lediglich, "Zusammenhalt zu suggerieren", kritisierte Merz. "Sie spalten das Land, Herr Bundeskanzler. Sie sind derjenige, der für diese Kontroversen und für diese Spaltung in Deutschland verantwortlich ist."
Merz führte in seiner Rede einige Schwerpunkte für eine künftige unionsgeführte Regierung an: eine Reform des Bürgergelds, Steuererleichterungen für Haushalte und Unternehmen, ein "Umsteuern" in der Energiepolitik sowie einen schärferen Kurs bei der Begrenzung der illegalen Migration mit Zurückweisungen an der Grenze und einem Ende des Familiennachzugs.
Nach der Bundestagswahl werde es eine Bundesregierung geben, "die aufhört zu streiten und die sich daran macht, die Probleme unseres Landes mit einer anderen Politik zu lösen", sagte Merz.
CSU-Chef Markus Söder, der in seiner Eigenschaft als Mitglied des Bundesrats seine erste Rede im Bundestag hielt, warf der Regierung Scholz eine Schwächung des Landes vor. Eigentlich brauche es "ein starkes Deutschland" - doch stattdessen "verbreiten wir in Deutschland die maximale Schwäche", sagte er. Die "Ampel" habe Deutschland regierungsunfähig gemacht.
Ein zentrales Thema der Plenarsitzung war die Frage, ob der Bundestag vor der Neuwahl noch zur Verabschiedung von Gesetzen in der Lage ist - Scholz' Minderheitsregierung hat dafür keine Mehrheit mehr. Der Kanzler richtete einen Appell an die Fraktionen: "Lassen Sie uns da, wo wir einig sind, auch einig handeln. Es wäre gut für unser Land."
Eine Zusammenarbeit wünscht sich Scholz nach eigenen Worten bei der steuerlichen Entlastung von der kalten Progression, bei Maßnahmen zur Belebung der Wirtschaft und beim Gesetz zum Schutz des Bundesverfassungsgerichts.
Merz bot der rot-grünen Koalition die Unterstützung seiner Fraktion bei einigen unaufschiebbaren Vorhaben im Bundestag an. Klar müsse aber sein: Scholz' Regierung habe keine eigene Mehrheit mehr. "Tun Sie nicht so, als ob sie jetzt in der Schlussphase ihrer Regierung noch irgendetwas bewirken können", sagte Merz an Scholz gewandt.
Der Chef der in die Opposition gewechselten FDP, Christian Lindner, wertete in seiner Rede die Neuwahl als Chance für eine Abkehr von linker Politik. "Unser Land muss jetzt von links in die Mitte geführt werden, deshalb ist diese Neuwahl eine Chance für Deutschland", sagte er. Zum Bruch der Koalition vor einer Woche sagte er: "Manchmal ist eine Entlassung auch eine Befreiung."
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) rief Koalition und Opposition auf, sich auch in Wahlkampfzeiten auf ihre staatspolitische Verantwortung zu besinnen. "Mit plumpen Schuldzuweisungen, mit einem Lagerwahlkampf, mit Beschimpfungen werden wir definitiv nicht weiter kommen", sagte sie.
AfD-Chefin Alice Weidel kritisierte den Bruch der Ampel-Koalition als "würdelos". Ihre Kritik richtete Weidel aber auch an CDU-Chef Merz, den sie als "Ersatz-Scholz" titulierte. "Die CDU hat die existenzielle Krise, in der sich unser Land befindet, genauso zu verantworten wie die 'Ampel'."
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich ließ in der Debatte mit selbstkritischen und versöhnlichen Äußerungen in Richtung der früheren Koalitionspartner aufhorchen. "Ich bekenne mich zu Fehleinschätzungen, zu auch persönlichen Unzulänglichkeiten", sagte er. "Wo ich verletzend und unbeherrscht war, möchte ich mich entschuldigen."
C.M.Harper--TFWP