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Nach den wochenlangen Debatten über seine Gesundheit hat US-Präsident Joe Biden seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl im November zurückgezogen. Die Entscheidung sei "im besten Interesse meiner Partei und des Landes", erklärte der 81-Jährige am Sonntag. Biden sprach sich für eine Kandidatur seiner Stellvertreterin Kamala Harris aus. Seine Parteifreunde zollten dem Präsidenten Respekt, aus den Reihen der Republikaner wurden Rücktrittsforderungen laut.
"Es war die größte Ehre meines Lebens, als Ihr Präsident zu dienen", erklärte Biden in einem Brief an seine "amerikanischen Mitbürger", den er im Onlinedienst X veröffentlichte. "Und auch wenn es meine Absicht war, die Wiederwahl anzustreben, glaube ich, dass es im besten Interesse meiner Partei und des Landes ist, beiseite zu treten und mich ausschließlich auf die Erfüllung meiner Pflichten als Präsident für den Rest meiner Amtszeit zu konzentrieren." Biden kündigte an, die US-Bürger im Laufe der Woche ausführlicher über seine Entscheidung zu informieren.
Der 81-Jährige war zuletzt wegen der Zweifel an seiner geistigen und körperlichen Fitness auch innerhalb seiner Partei massiv unter Druck geraten. Biden dankte allen, die ihn im Wahlkampf unterstützten und lobte Vize-Präsidentin Harris als "außergewöhnliche Partnerin".
In einer weiteren Botschaft auf X sprach sich Biden dafür aus, dass Harris im November als Kandidatin der Demokraten gegen den Republikaner Donald Trump antritt. "Heute möchte ich meine volle Unterstützung und meinen Rückhalt für Kamala als Kandidatin unserer Partei in diesem Jahr bekunden", erklärte er. Die 59-Jährige galt bereits in der Debatte um einen möglichen Rückzug Bidens als naheliegende Alternative. In den Umfragen kam die einstige Senatorin jedoch nur auf niedrige Zustimmungswerte.
Der Parteivorsitzende der Demokraten, Jaime Harrison, kündigte einen "transparenten und geordneten Prozess" an, um eine neuen Kandidatin oder einen neuen Kandidaten zu nominieren.
Biden steht seit seinem desaströsen Auftritt im Fernsehduell mit seinem Herausforderer Trump am 27. Juni massiv unter Druck. Mehr als 30 Mitglieder des Repräsentantenhauses und mehrere Senatoren aus den Reihen der Demokraten hatten Biden aufgrund der Zweifel an dessen körperlicher und geistiger Eignung für eine zweite Amtszeit zuletzt öffentlich zum Rückzug aufgerufen.
Noch am Freitag hatte der Präsident den Forderungen nach einem Ausstieg aus dem Rennen um das Weiße Haus eine Absage erteilt und angekündigt, nach seiner Corona-Erkrankung in der kommenden Woche seine Wahlkampftermine wieder aufzunehmen.
Parteifreunde wie der frühere Präsident Barack Obama und die Ex-Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, lobten Bidens Entscheidung zum Rückzug aus dem Präsidentschaftsrennen.
Auch Trump äußerte sich umgehend über den Rückzug seines Rivalen. Der Amtsinhaber sei "nicht geeignet" gewesen, um erneut als Präsident zu kandidieren und sei "sicherlich nicht geeignet", um das Präsidentenamt auszufüllen, schrieb der 78-Jährige auf seiner Onlineplattform Truth Social. Trump hatte am 13. Juli ein Attentat knapp überlebt und wurde kurz darauf beim Parteitag der Republikaner offiziell zum Präsidentschaftskandidaten gekürt.
Der republikanische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, rief Biden zum sofortigen Rücktritt auf. "Wenn Joe Biden nicht geeignet ist, um für das Präsidentenamt zu kandidieren, ist er nicht geeignet, um als Präsident zu dienen. Er muss das Amt sofort niederlegen", erklärte Johnson auf X.
Biden ist der erste Präsident in der Geschichte der USA, der seine Kandidatur aufgrund von Bedenken bezüglich seiner geistigen und körperlichen Fitness aufgibt. Nur wenige Präsidenten vor ihm zogen sich nach nur einer Amtszeit zurück, zuletzt war dies bei Lyndon Johnson im Jahr 1968 der Fall.
Vertreterinnen und Vertreter der Parteien in Deutschland zollten Biden Respekt. "Joe Biden hat mehr als fünf Jahrzehnte lang dem amerikanischen Volk gedient. Seine heutige Entscheidung verdient größten Respekt", schrieb CDU-Chef Friedrich Merz auf X.
"Mein größter Respekt!", erklärte auch Grünen-Chefin Ricarda Lang. Biden habe seinem Land als Präsident "auf beeindruckende Art und Weise gedient".
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), nannte Biden auf X einen "Präsidenten, dem wir in Europa und Deutschland viel zu verdanken haben". "Das Ende ist tragisch und wird seinem Lebenswerk nicht gerecht."
Der Kreml in Moskau geht davon aus, dass in den vier Monaten bis zur Präsidentenwahl in den USA noch Einiges passieren kann. "Das ist eine lange Zeit, in der sich Vieles ändern kann", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenwebsite "Life.ru".
L.Coleman--TFWP