Euro STOXX 50
-17.3000
Eine mehr als zwei Kilometer lange Autobahnbrücke in der Stadt Baltimore im US-Bundesstaat Maryland ist Dienstagnacht nach dem Aufprall eines Containerschiffes gegen einen ihrer Stützpfeiler eingestürzt. Rettungsmannschaften suchten im eiskalten Wasser des Patapsco-Flusses nach Behördenangaben mit Booten, Drohnen, Helikoptern und Tauchern nach mindestens sechs Vermissten. Es handelt sich demnach um Mitarbeiter eines achtköpfigen Bautrupps, der in der Nacht Schlaglöcher auf der Brücke reparierte. US-Präsident Joe Biden sprach von einem "schrecklichen Unfall".
Das Schiff habe vor dem Unglück einen Notruf abgesetzt, so dass Behörden Autos von der Brücke fernhalten konnten, sagte der Gouverneur von Maryland, Wes Moore. "Wir sind dankbar, dass wir zwischen dem Notruf und dem Einsturz Beamte hatten, die den Verkehrsfluss stoppen konnten", sagte er vor Reportern.
Erste Notrufe erreichten die Polizei in Baltimore nach eigenen Angaben in der Nacht um 01.35 Uhr (Ortszeit, 6.35 Uhr MEZ). Videoaufnahmen in Onlinediensten zeigten den spektakulären Einsturz der beleuchteten Brücke in den Patapsco-Fluss. Erst stürzt der von dem unter der Flagge Singapurs fahrenden Containerschiff "Dali" gerammte Brückenpfeiler ein, dann verzieht sich in einer Wellenbewegung die gesamte Stahlkonstruktion und stürzt abschnittsweise etwa 15 Meter tief in den Fluss.
Die Zahl der Opfer war zuletzt noch unklar, die Sucharbeiten dauerten an. Neben den sechs vermissten Bauarbeitern wurden zwei weitere Arbeiter des Bautrupps gerettet, einer von ihnen mit schweren Verletzungen.
Die US-Bundespolizei FBI und andere Behörden erklärten, dass keine Verbindung zu Terrorismus bekannt sei. "Die vorläufige Untersuchung deutet auf einen Unfall hin", sagte Moore. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass die Brückenstruktur fehlerhaft gewesen sei. "Die Brücke entsprach voll und ganz den Vorschriften", fuhr der Demokrat fort.
Der Bautrupp, "der dort draußen gearbeitet hat, hat im Grunde genommen Schlaglöcher repariert, nur damit Sie verstehen, dass das überhaupt nichts mit einem strukturellen Problem zu tun hat", sagte Marylands Verkehrsminister Paul Wiedefeld.
Der Gouverneur rief den Notstand aus, um Hilfsmaßnahmen der Regierung von US-Präsident Biden im nahegelegenen Washington zu ermöglichen. Baltimores Bürgermeister Brandon Scott sprach von einer "unfassbaren Tragödie" und schrecklichen Bildern "wie aus einem Action-Film".
Biden sprach von einem "schrecklichen Unfall" und sicherte zu, den wichtigen Hafen an der US-Ostküste so bald wie möglich wieder in Betrieb zu bekommen. Die Brücke werde so schnell wie möglich wiederhergestellt, dies werde aber etwas Zeit brauchen, sagte Biden.
Für Autofahrer gibt es alternative Brücken und Tunnel - aber die halb unter Wasser liegenden, verhedderten Stahltrümmer blockieren fast den gesamten Seeverkehr.
Das Cointainerschiff "Dali" gehört der Charterfirma Synergy Marine Group aus Singapur. Die dänische Reederei Maersk hatte die "Dali" nach eigenen Angaben für einen Transport von Baltimore nach Colombo in Sri Lanka gechartert. Alle Crew-Mitglieder der "Dali", darunter auch zwei Lotsen, blieben den Angaben zufolge unverletzt.
Im Laufe des Tages wurden Einzelheiten darüber bekannt, wie die Crew-Mitglieder versuchten, das Unglück abzuwenden. "Unmittelbar vor dem Vorfall hatte das Schiff 'Dali' kurzzeitig den Antrieb verloren. Infolgedessen war es nicht in der Lage, den gewünschten Kurs beizubehalten und kollidierte", erklärte die Seeverkehrsbehörde von Singapur. Die Crew habe in einem letzten, verzweifelten Versuch, den Aufprall zu verhindern, "Anker geworfen", erklärte die Schifffahrtsbehörde in Berufung auf Berichte der Charterfirma.
Die 2,6 Kilometer lange, vierspurige Francis-Scott-Key-Brücke führte als Teil der Autobahn Interstate 695 südöstlich des Stadtzentrums von Baltimore über den Patapsco-Fluss. Sie wurde 1977 in der Industrie- und Hafenstadt an der US-Ostküste eröffnet und wurde jedes Jahr von mehr als elf Millionen Fahrzeugen genutzt - das sind rund 31.000 am Tag.
Der Hafen von Baltimore ist nach offiziellen Angaben einer der größten Frachthäfen in den USA. Im vergangenen Jahr wurde dort Fracht im Wert von rund 80 Milliarden Dollar (knapp 74 Milliarden Euro) umgeschlagen, darunter sehr viele Fahrzeuge.
M.T.Smith--TFWP