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Der erste Prozess gegen einen amtierenden Justizminister in Frankreich ist mit einem Freispruch zu Ende gegangen. Das Sondergericht für Regierungsmitglieder sprach den wegen Amtsmissbrauchs angeklagten Eric Dupond-Moretti am Mittwoch in Paris frei. Die Staatsanwaltschaft hatte ein Jahr Haft auf Bewährung gefordert. Premierministerin Elisabeth Borne bestätigte umgehend den Verbleib des Justizministers in der Regierung.
Präsident Emmanuel Macron empfing den Minister nach der Verkündigung des Urteils im Elysée. Die Opposition kritisierte das für Regierungsmitglieder zuständige Sondergericht als nicht unabhängig genug. "Der Freispruch zeigt, dass dieses Gericht nur dazu dient, amtierenden Ministern durch Mauscheleien eine reine Weste zu verpassen", erklärte der linkspopulistische Abgeordnete Ugo Bernalicis.
Dupond-Moretti, der sich vor seiner überraschenden Ernennung zum Minister als Star-Anwalt einen Namen gemacht hatte, hatte im Verdacht gestanden, interne Untersuchungen gegen vier Justizbeamte eingeleitet zu haben, um alte Rechnungen zu begleichen.
In drei Fällen handelte es sich um Ermittler der Finanzstaatsanwaltschaft, die während seiner Zeit als Anwalt Einblick in seine Telefonrechnungen verlangt hatten. Zudem ging es um einen ehemaligen Untersuchungsrichter, der gegen mehrere seiner früheren Mandanten im Zuge einer Korruptionsaffäre ermittelt hatte.
Der Interessenkonflikt Dupond-Morettis sei "offensichtlich", hatte Staatsanwalt Rémy Heitz in seinem Plädoyer gesagt. Der Minister habe Warnungen ignoriert und sei "Schritte gegangen, die er nie hätte gehen dürfen".
Der 62-Jährige hatte dagegen während des Verfahrens beteuert, dass er mit Amtsantritt als Minister seine alten Streitigkeiten mit den Justizbeamten vergessen habe. Seine Anwälte hatten betont, dass der Ressortchef lediglich Empfehlungen seines Ministeriums gefolgt sei.
Das Gericht urteilte nun, dass es sehr wohl einen Interessenskonflikt gegeben habe. Es sei aber keine Absicht nachzuweisen. Außerdem sei der Minister nicht auf den Interessenkonflikt hingewiesen worden. Dupond-Moretti habe "niemals eine feindliche Haltung oder einen Rachewunsch" mit Blick auf die Justizbeamten geäußert, die er in seiner Zeit als Anwalt kritisiert hatte, hieß es in der Urteilsbegründung.
Das Verfahren gegen den Justizminister überschnitt sich mit einem zweiten Verfahren gegen ein amtierendes Regierungsmitglied. Arbeitsminister Olivier Dussopt ist derzeit noch wegen mutmaßlicher Günstlingswirtschaft angeklagt. Die Staatsanwaltschaft forderte gegen ihn am Mittwoch eine zehnmonatige Bewährungsstrafe. Im Fall einer Verurteilung dürfte er sein Ministeramt aufgeben müssen.
Für Macron, der mit dem Versprechen einer "beispielhaften Republik" angetreten war, ist es mit dem Freispruch des Justizministers noch einmal glimpflich ausgegangen. Eine Verurteilung des 62-Jährigen, der zu den wenigen politischen Schwergewichten in der Regierung zählt, hätte für den Staatschef einen erheblichen Imageverlust bedeutet und ihn angreifbarer gemacht.
Der Gerichtshof der Republik, vor dem sich Dupond-Moretti verantworten musste, befasst sich ausschließlich mit Verfehlungen von Ministerinnen und Ministern in Ausübung ihres Amtes. Er setzt sich aus drei Richtern und zwölf Abgeordneten aller Lager zusammen und ist für seine milden Urteile bekannt. Der frühere Präsident François Mitterrand hatte die Instanz nach Bekanntwerden eine Skandals über HIV-kontaminierte Blutprodukte 1993 eingerichtet.
T.Harrison--TFWP